Im Rahmen der Gemeinderatssitzung am 30.01.2024 wurde der Haushalt für das Jahr 2024 verabschiedet. Dies ist unsere Stellungnahme:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Greulich,
sehr geehrte Frau Wacker,
geehrte Ratskolleginnen und -kollegen,
liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
der vorgelegte Haushaltsplan für das Jahr 2024 reiht sich ein in eine Folge seit Jahren im Regelfall negativer Haushaltspläne. Bei den Vorberatungen zum Haushaltsplan sind wir Gemeinderäte seitens der Verwaltung dann angehalten zu entscheiden, ob und welche geplanten Investitionen gekürzt oder gestrichen werden sollen. Dennoch reichten in den Haushaltsplanungen der letzten Jahre die Einnahmen der Gemeinde nicht aus, um die Ausgaben zu decken. So fehlten in den vergangenen fünf Jahren zwischen 0,5 Mio. bis 2 Mio. EUR. Einzig im Corona-Jahr 2022 war der geplante Gesamtergebnishaushalt positiv.
Im Ergebnis jedenfalls konnten die letzten Haushaltsjahre entgegen der Voraussage allesamt positiv beendet werden. In Zahlen lag das Ergebnis zwischen 0,8 Mio. und 3,6 Mio. EUR höher als die veranschlagten Planansätze. Nicht einmal die Corona-Jahre haben es geschafft, das Ergebnis in den roten Bereich zu drücken.
Die Reihe setzt sich auch für das Jahr 2023 fort, das mit einem Minus von 1 Mio. EUR geplant war. Laut Vorbericht zum Haushaltsplan 2024 kann „voraussichtlich mit einem deutlich positiveren Gesamtergebnis des Jahres 2023 gerechnet werden“.
Ähnlich verhält es sich mit der Entwicklung der Liquidität unserer Gemeinde. Regelmäßig starten wir zu Beginn des Jahres im Haushaltsplan mit einem Bestand an liquiden Mitteln zwischen 7 und 9 Mio. EUR und lesen, dass sich diese Mittel zum Ende des Jahres auf 4,5 bis 6,5 Mio. EUR verringern werden. Tatsächlich haben sich die liquiden Mittel zum Ende des Jahres nicht verringert, sondern sind seit 2019 von 7,1 Mio. bis 2024 auf 8,7 Mio. EUR gestiegen. Wie es am Ende des Jahres 2024 aussehen wird, wissen wir nicht. Niemand kann in die Zukunft schauen! Wir haben jedoch die Vermutung, dass es positiv ausgehen könnte.
Auch wenn sich die Orientierungsdaten zur Vorabberechnung der einzelnen Steuern und Abgaben, Zuweisungen oder Umlagen usw. jedes Jahr verändern, so bleibt die Entwicklung des Gesamtergebnishaushalts unserer Gemeinde Malsch bis heute doch überaus stabil. Vor diesem Hintergrund stellen wir fest, dass die Rahmenbedingungen in Malsch besser sind als manche behaupten.
Trotzdem sind viele Aufgaben in den letzten Jahren in unserer Gemeinde liegen geblieben. Angefangen bei der digitalen Infrastruktur im Rathaus, bei Kulturangeboten und ganz besonders bei der ökologischen Gestaltung unserer öffentlichen Räume. Die Zahl der heißen Sommertage nimmt stetig zu und manche Plätze werden zu regelrechten Hotspots, an denen man sich nicht aufhalten möchte. Alle Themen sind im Gemeindeentwicklungskonzept identifiziert und müssen sukzessive angegangen werden. Laut Kooperationsvereinbarung zum Klimaschutz mit dem Rhein-Neckar-Kreis, die Malsch unterzeichnet und kürzlich verlängert hat, wollen die Kommunen eine Vorreiterrolle einnehmen, um lokale Akteure, Privatpersonen und Unternehmen zu einem klimaschutzsensiblen Handeln zu aktivieren. Diese Vorreiterrolle sehen wir in Malsch noch nicht.
Auf der anderen Seite sehen wir, wie sich in der Welt multiple Krisen etablieren. Unser Wohlstand ist ein fragiles Konstrukt, das unter anderem von Arbeitsteilung, weltweiten Lieferketten, von verfügbaren Rohstoffen oder von bezahlbarer Energie abhängt. Gerade hier wurden im Bund inzwischen einige Weichen neu gestellt und der Ausbau erneuerbarer Energie z.B. nimmt Fahrt auf.
Während in Malsch schon viele ihre eigene PV-Anlage haben und von günstiger Sonnenergie profitieren hinkt die Gemeinde noch hinterher. Das Dach der Letzenbergschule z.B. könnte unserer Ansicht schon seit langem eine große PV-Anlage tragen. Der hier gewonnene Strom könnte ideal für die Schulgebäude oder zum Betrieb des angebundenen Nahwärmenetzes genutzt werden. Da das hier installierte, mit Gas betriebene Blockheizkraftwerk in die Jahre kommt und alsbald ersetzt werden könnte, ergäbe sich eine Win Win Situation hin zu einer nachhaltigen Wärmeerzeugung. Und auch das Rathausdach ist prädestiniert, um tagsüber Strom für den Verwaltungsbetrieb zu liefern. Während die Verwaltung aktuell noch auf die Ergebnisse der PV-Potentialanalyse wartet, spricht nach unserer Überzeugung nichts dagegen, bereits heute das erste Dach in Auftrag zu geben, sofort von günstiger Energie zu profitieren und die CO2-Emissionen der Gemeinde zu senken.
Die Einwohnerzahl in den letzten Jahren zwölf Jahren pendelt konstant um 3.500. Der im Jahr 2016 erreichte Höchststand mit 3.556 geht einher mit einem erhöhten Ausländeranteil, der sich in den darauffolgenden Jahren wieder abgebaut hat. Aussagen wie z.B. „Wir werden immer weniger“ oder „Malsch blutet aus“ treffen daher definitiv nicht zu. Wer anderes behauptet, dem widersprechen die Zahlen und wir deutlich.
Beim Blick auf den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer zeigt sich ebenfalls keine Abnahme, sondern eine Steigerung von 2,1 Mio. EUR in 2015 auf 2,9 Mio. EUR in 2024. Für die kommenden Jahre werden die Einkommensteueranteile in ähnlicher Größenordnung vorausberechnet.
Die größten geplanten Ausgabenblöcke sind in diesem Jahr u.a. 875.000 EUR zur Unterbringung Geflüchteter. Hier ist mit neuen Zuweisungen im Rahmen der Anschlussunterbringung zu rechnen, auf die es sich vorzubereiten gilt. Weitere 555.000 EUR sind, wie in den vergangenen Jahren auch, für Sanierung und Umbau des Regenüberlaufbeckens Malsch-Rettigheim geplant. Wann genau und in welchem Umfang diese Mittel gebraucht werden ist noch unklar. Fakt ist, dass diese Mittel den Haushaltsplan jedes Jahr belasten und die Spielräume für andere, wichtige Investitionen schmälern. Der drittgrößte Posten der Verwaltung nennt 455.000 EUR für Straßenbaumaßnahmen in der Blumenstraße und der Keltergasse. Für ein Projekt „Wohnmobilstellplatz“ auf dem Letzenberg sind 100.000 EUR veranschlagt. Ob ein solcher Stellplatz tatsächlich die Attraktivität unseres wertvollen Naherholungsraums und Kraftorts um die Letzenbergkapelle steigern kann, halten wir mindestens für fraglich. Im Gegenteil: Die Auffahrtswege sind nach unserer Ansicht für Wohnmobile nicht geeignet, Konflikte mit Fußgängern sind vorprogrammiert und der Bereich um die Kapelle dürfte deutlich leiden. Die reine Sanierung des Parkplatzes in Form einer wassergebundenen Wegedecke z.B. wäre in unseren Augen eine preiswerte Alternative, die auch die Versickerungsfähigkeit erhält. Zur Neugestaltung des alten Sportplatzes sind Mittel i.H.v. 70.000 Euro für erste Planungen eingestellt. Es stehen verschiedene Optionen im Raum, die aus unserer Sicht gründlich zu prüfen und abzuwägen sind.
Die pädagogischen Fachkräfte in unseren Kinderbetreuungseinrichtungen profitieren von einem verbesserten Tarifvertrag mit deutlich erhöhten Entgelten. Das ist einerseits eine gute Entwicklung, wenn die Erzieherinnen und Erzieher angemessen bezahlt werden. Andererseits ist die Gemeinde angehalten, erhöhte Kosten entsprechend an die Eltern weiterzugeben. In 2023 ist es gelungen, diese Kosten nur teilweise weiterzugeben und die Steigerungen abzufedern. Für dieses Jahr wird erneut zu prüfen sein, in welcher Höhe die Kosten steigen und ggf. weiterzugeben sind.
Erstmals sind im Haushaltsplan 20 strategische Ziele aufgeführt, die im Rahmen des Gemeindeentwicklungskonzepts 2035 erarbeitet wurden. Sie betreffen die wesentlichen Aspekte wie z.B. Landschaftspflege, bezahlbarer Wohnraum, Innenentwicklung, Bildung, medizinische Versorgung und so weiter. Diese Ziele gilt es in den nächsten Jahren durch konkrete Maßnahmen mit Leben zu füllen und damit unsere Gemeinde zum Vorteil der Bevölkerung zukunftssicher aufzustellen. Auf diese Arbeit freuen wir uns sehr.
Ein konkretes Ziel zur Bevölkerung ist, dass die Zahl der Einwohner bis zum Jahr 2035 um 3% auf ca. 3570 leicht ansteigen soll. Da wir im Durchschnitt pro Kopf mehr Wohnfläche beanspruchen, soll neben der Innenentwicklung auch eine konkrete Außenentwicklung auf den Weg gebracht werden. Es gilt für Malsch zu entscheiden, ob und welches Baugebiet umgesetzt werden soll: Sauermichel und/oder Im Stand.
Wie sehen wir das?
Nach dem massiven Starkregenereignis im August 2023 war binnen weniger Minuten die Kanalisation überlastet und alles Wasser lief oberirdisch ab. Leider lief das Wasser auch in einige Keller und unsere Feuerwehr war bei über 28 Einsätzen gefordert und musste Hilfe leisten. Einige hatten binnen kurzer Zeit sogar zum zweiten Mal Wasser im Keller und es droht jetzt im Wiederholungsfall der Verlust des Versicherungsschutzes. Ein Neubaugebiet am hydrologischen Anfangspunkt der Kanalisation würde dieses Risiko sicher verstärken und die zusätzlichen versiegelten Flächen am Letzenberg die Wassermengen bei Starkregen wesentlich erhöhen. Zumal dort das Niederschlagswasser nicht wie vom Wasserhaushaltsgesetz gefordert in eine vom Schmutzwasser getrennte Kanalisation eingeleitet werden kann. Darüber hinaus ist das Gebiet Sauermichel wichtig für die Belüftung des Ortskerns und eine Bebauung würde einerseits zu steigenden Temperaturen und andererseits zu noch mehr Verkehr auf der Hauptstraße führen.
Die evtl. angedachte Ausweisung gleich zweier Neubaugebiete sehen wir äußerst kritisch. Wenn wir es tatsächlich ernst meinen mit dem Klimaschutz und gemäß den definierten strategischen Zielen Malsch ökologisch aufwerten wollen, dann können wir keinesfalls die Flächenversiegelung derart vorantreiben und wertvolle Naturräume zerstören. Wir sehen daher in der „Forcierung der Innenentwicklung“ und in der für den 6. Februar geplanten Überarbeitung der Bebauungspläne vielversprechende Ansatzpunkte, um neue Wohnmöglichkeiten zu schaffen und die Gemeinde passend zum strategischen Ziel leicht wachsen zu lassen. Da hierbei keine zusätzlichen Erschließungsmaßnamen erforderlich werden, könnten entsprechende Maßnahmen zügig angegangen und umgesetzt werden.
Einen Blick möchten wir noch auf die Pro-Kopf-Verschuldung richten, die zum Jahresbeginn bei 101,48 Euro liegt und sich bis zum Jahresende laut Plan auf 62,83 Euro verringern wird. Bis zum Jahr 2027 könnte sie sogar noch auf unter 25 Euro sinken. Schaut man im Vergleich dazu auf unsere direkten Nachbarkommunen wie Mühlhausen und Rauenberg, so stieg in Mühlhausen die Verschuldung nach neuer Kreditaufnahme zum Ende 2023 auf 870 EUR und ist damit um ein Vielfaches höher als in Malsch. In Rauenberg liegt die Pro-Kopf-Verschuldung zum 01.01.2024 bei 871 EUR und steigt bis Ende des Jahres auf 1543 EUR. Und das, obwohl beide Gemeinden zuletzt Neubaugebiete ausgewiesen haben.
Zuletzt möchten wir an dieser Stelle lobend erwähnen, dass die Gemeinde ab diesem Jahr zertifizierten Ökostrom der Stadtwerke Heidelberg bezieht. Damit erfüllt die Gemeinde eine langjährige Forderung unserer Grünen Fraktion und trägt zum weiteren Ausbau erneuerbarer Energien bei.
Unser Dank gilt Frau Wacker und den Mitarbeiterinnen des Rechnungsamtes für die Aufbereitung des umfangreichen Zahlenwerk und natürlich ganz besonders allen Malscher Bürgerinnen und Bürgern, die sich ehrenamtlich engagieren und die pünktlich alle Steuern und Abgaben bezahlt haben.
Wir stimmen dem vorgelegten Haushalt 2024 zu.
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